Betrachtungen zum Zeitgeschehen


8. Das "Phrasendreschen" von Politikern, und die Berichterstattung der Medien.

In der heutigen "Mediendemokratie" hat die Politik auch in der BRD zunehmend amerikanische Züge angenommen. Für die "Macher" der politischen Parteien zählt die Kunst der vermeintlich hochaktuellen Effektehascherei und Selbstdarstellung oft mehr als die Bemühung um nachhaltige Verbesserungen im Land. Die griffigste Phrase *) oder Wortverdrehung gegen den politischen Gegner - früher zumindest etwas stärker auf Wahlkämpfe beschränkt - dominieren die sog. "öffentliche Diskussion". Diese "öffentliche Meinung" ist in ihrer Darstellung und Gewichtung der Themen großenteils geprägt durch den jeweiligen "mainstream" (der Hauptströmung) unter den Journalisten und Politikern, und seinen Schattierungen. Auch im Handwerk der Journalisten, etwa der Redakteure zählen heute oft auch andere Fähigkeiten, als sie zur reinen Wahrheitsfindung und zur unabhängigen, differenzierten Meinungsbildung der Bürger/innen nötig wären. So werden "Stimmungen" gemacht. 

Ein Land, das Exportweltmeister ist, und dessen Bevölkerung verglichen mit anderen Ländern ganz gut dasteht, und das vielfach im Anpacken von weltweiten Gegenwartsproblemen anderen Staaten vorangegangen ist, befindet sich dann angeblich in einer "dramatischen" Krisenlage. (Genauso wird in einer anderen Situation umgekehrt die Politik geschönt, indem inhaltliche Probleme ignoriert werden, und stattdessen lange Artikel über das allseits protokollgerechte Aufteten von Politikern geschrieben werden - wie es jetzt im Moment zu beobachten ist.) Es interessiert dann in beiden Fällen schon kaum mehr, welche Rezepte die einzelnen Parteien zur Behebung der tatsächlichen Probleme wie der Arbeitslosigkeit haben, und wie fundiert diese sind; oder welche Kombination aus diesen verschiedenen Lösungsansätzen etwas taugen könnte; oder ob es nicht noch ganz anderer Ansätze bedarf, wie z.B. des skandinavischen Modells steuerfinanzierter Sozialsysteme. Vielmehr wird im Übermaß personalisiert, nach dem Motto, wer ist der bessere Schauspieler; oder gar noch primitiver reduziert auf die Frage, wer wird der Gewinner sein.
(Diese Beispiele entstammten der Zeit kurz vor und nach der Ablösung der rotgrünen Regierung durch eine CDUCSU/SPD-Regierung. Inzwischen gäbe es viele weitere Beispiele, sowohl innenpolitische, als auch europa- bzw. außenpolitische. Immer mehr Menschen haben ein Problem mit einseitiger Berichterstattung, gerade auch wenn es um Themen von Krieg und Frieden geht, sodass Zeitungen z.T. um ihre Abonnenten fürchten müssen. Wer sich ein Bild machen will, was bei politisch aufgeheizten Themen wirklich geschehen sein mag, und wie die Lage wirklich ist, bzw. was getan werden könnte, nutzt besser mehr als nur eine Informationsquelle, ggf. auch solche unterschiedlicher Richtungen. Von einer Medienschelte können unterschiedliche Gruppen betroffen sein. Z.B. in den 80er-Jahren waren es in Deutschland etrwa die damals noch nicht angepassten Grünen. Heute wurden dieselben Methoden gegen ganz andere, konservative Kreise angewandt. Besondere Vorsicht ist geboten in Zeiten, wo z.B. in den USA plötzlich 90% der Zeitungen usw. einheitlich gegen einen bestimmten Bewerber schrieben, und für die andere, und wo diese Tendenz dann auch in Deutschland übernommen wurde. 

Der allererste Anfang zu einer Lösung dieses Zustands wäre, dass wieder ganz erheblich vermehrt Inhalte in den Vordergrund gestellt werden müssten, und zwar so ausführlich und differenziert - und auch unabhängig von Köpfen, die für die eine oder andere Ansicht stehen mögen, so dass Allen klar wird, dass Vereinfachungen und Parolen nicht weiterhelfen - sondern dass sie die wirklich verlorene Zeit sind.

Soweit dann über Personen (Politiker) und politisch-gesellschaftliche Gruppen berichtet wird, müsste dann soweit wie möglich gleichberechtigt über die verschiedenen Richtungen berichtet werden. Ganz besonders gilt dies vor einer Wahl oder einer Volksabstimmung, aber auch zu allen anderen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. (Das war vielfach ganz offensichtlich nicht der Fall. Selbst in Nachrichtensendungen vor dem Wahlkampf wurden die von Demoskopen in peinlichem Übermaße als Verlierer Gesehenen schon fast nicht mehr gebracht.) Nur wenn jemand trotz vieler Worte inhaltlich nichts gesagt hat, dürfte er oder sie sehr wohl durch sehr kurze Berichterstattung abgestraft werden (das geschah oft nicht: rein polemische Floskeln gegenüber dem Gegner wurden im Fernsehen auch beim x-ten mal gebracht, als ob sie einen Neuigkeitswert hätten). Dabei ist es oft außerordentlich unfruchtbar für die Diskussion, wenn sich die Länge der jeweiligen Berichterstattung zu sehr nach der Stärke der betreffenden Partei richtet. Dadurch sind die tatsächlichen Argumente und Gegenargumente nicht mehr vergleichbar, was auch die Wahrheit verzerren kann. Die Großen haben nicht automatisch in allen Fragen die aussagekräftigsten Argumente, die für die weitere Lösungssuche eine Rolle spielen könnten. In Talkshows müssten in der Gesellschaft relevante Positionen nicht nur durch eine Alibiperson repräsentiert werden, die dann von ca..4 weiteren niedergeredet werden kann; auch sollten Moderatoren neutral arbeiten. Die Meinungsfreiheit muss geachtet werden: "Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden" (frei nach Rosa Luxemburg. Das wurde allzu oft vergessen).

Dabei müsste sich auch die Gewichtung der Themen der wirklichen Bedeutung entsprechend ändern. Z.B. können mit Steuerumverteilungen von der einen Tasche in die andere, wie herum auch immer, die wesentlichen Probleme der Menschheit nicht gelöst werden. Für die existenziellen Probleme der Menschheit sind fast alle anderen Fragen viel entscheidender, auch wenn sie durch "aktuelle" Diskussionen oft verdrängt wurden.

Weiter wäre es oft besser, eine Sprache zu verwenden, die Begriffe verwendet, wie sie in der Bevölkerung verwendet werden, und für einen klaren Inhalt stehen, - statt schon durch neue dehnbare Modebegriffe eine Beeinflussung von Meinungen zu erstreben.

Etwas Anderes, was auch zur Gedankenlosigkeit, Hektik und sinnlosen "Gschaftlhuberei" in unserer Zeit beiträgt, ist insbesondere im Fernsehen und Radio die Gestaltung der Nachrichten: es wurden pausenlos alle denkbaren Themen hintereinander, oft sogar noch durch Wortspiele inhaltlich unpassend miteinander verkoppelt, heruntergerattert. Wissen die nicht, was sie da im Hirn der Leute für ein Durcheinander anrichten??? Viel besser wären kurze Gedankenpausen zum geistigen Umschalten. Selbst gute technische Leseprogramme ermöglichen es, nach einem Absatz 2 Sekunden Pause einzustellen; warum sollte der Mensch selbst diese Kulturleistung nicht vollbringen können??!

*) Zum Thema des Phrasendreschens gibt es den - zunächst englischsprachigen - Bestseller von Harry G. Frankfurt, "On Bullshit", Princeton University Press 2005.

Es gibt seit 2014 ein "Add-on" namens "cahoots" zum Integrieren in den Internetbrowser, um Verflechtungen von in der Datenbank vorhandenen Journalisten mit Wirtschafts- und Politikorganisationen zu suchen. Dann erscheint bei Artikeln von Onlinezeitungen neben dem Autorennamen ein roter Punkt; mit dem Zeiger darübergehen liefert dann ggf. die gewünschten Daten.

Siehe auch die Seiten 9. "Stimmungen"

und 6c.Gegen Expertengläubigkeit und das Beraterunwesen"

sowie 6."Anforderungen an die Fähigkeiten von Politikern"

und die neue Initiative für einen Publikumsrat für das Fernsehen.

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