Die Parteien haben den
Bundeswehreinsatz in Afghanistan meist aus dem Bundestagswahlkampf
herausgehalten.
Sie unterscheiden sich diesbezüglich in ihrem Bundestagswahlprogrammen und in
sonstigen Äußerungen nur beschränkt:
Zwar kann es sich die Linkspartei leisten, im Bundestagswahlprogramm einen Abzug
der Bundeswehr zu fordern.
Die SPD unterstützt das bisherige Engagement, möchte aber einen Zeitplan für
einen Abzug.
Die CDU/CSU unterstützte das bisherige Engagement, und möchte sich bisher
nicht auf einen konkreten Zeitplan festlegen; aber auch sie will, daß der
Wiederaufbau und die Unterstützung der eigenen afghanischen staatlichen-,
Polizei- und Militär - Strukturen zu einer Reduzierung und schließlich zur
Beendigung des deutschen militärischen Engagements führen.
Die FDP will mehr zivilen Wiederaufbau in ganz Afghanistan und eine verstärkte
Übernahme der Verantwortung für die Sicherheit durch die afghanischen Armee-
und Polizeikräfte, um den Zeitraum des Einsatzes der internationalen Truppen zu
begrenzen.
Bündnis 90/ Die Grünen wollen einen Strategiewechsel in Afghanistan hin zum
zivilen Aufbau und weg von der militärischen Eskalation.
D.h. die Parteien bemerken langsam - in allererster
Linie durch die schwer lösbaren Probleme in Afghanistan selbst - , daß
eine Beendigung dieses Bundeswehreinsatzes wünschenswert wäre.
Weiter ist sowieso bekannt, daß die deutsche Bevölkerung mit großer Mehrheit
diesen Einsatz beendet wissen will. Sie will dafür - und insbesondere für die
Kriegseinsätze der USA in Afghanistan - keine Mitverantwortung übernehmen. Sie
ist auch nicht schuldig an Komplikationen dieses Bundeswehreinsatzes, der
ursprünglich als reiner Schutz der zivilen Aufbauprogramme usw. erklärt wurde.
Daß die Politik nicht noch stärker auf diese Ansichten in der Bevölkerung
eingegangen ist, hängt in erster Linie damit zusammen, daß in solchen Fragen
gerade die deutsche Politik nach dem zweiten Weltkrieg sehr eng eingebunden ist
in Bündnisentscheidungen, und es daher grundsätzlich sehr schwer hat,
überhaupt eigenständige verteidigungspolitische Entscheidungen zu treffen.
Auch Terrordrohungen ändern an dieser Sachlage nichts.
Ein wichtiger Punkt ist aber auch, daß es besonders die
deutsche Politik nicht leicht hat, sich aus der unangenehmen Lage einfach
davonzuschleichen, weil sie die Situation nicht nur aus einer innerdeutschen
Sicht betrachtet, sondern gelernt hat, anderen Ländern als solchen helfen zu
wollen. Ein solcher Blickwinkel erfordert also für eine Beendigung des
militärischen Einsatzes eine Alternative, wie es in Afghanistan weitergehen
soll. Das sehen alle Bundestagsparteien so, auch die Linkspartei denkt an
Alternativen, statt nur an einen Abzug allein.
Es ist eine Aufgabe der Friedensbewegung, weiterhin deutlich zu machen, daß es
selbst im Fall Afghanistans letztendlich keine militärische Lösung gibt,
sondern nur noch politische Konfliktlösungen möglich sind.
Auch in der afghanischen Politik selbst wird zur Zeit eine Verhandlungslösung
im Zusammenhang mit einer "Loya Tschirga", einer traditionellen
afghanisch-demokratischen Stammesversammlung diskutiert. Die deutsche Politik
könnte sich auch international stärker bemühen, eine solche Perspektive zu
fördern, wenn sie diese einmal begriffen hätte. So könnte der Afghanistan-
Einsatz ein schnelleres Ende finden, als manche Politiker heute noch denken -
auch wenn damit viele Probleme Afghanistans noch auf ihre Lösung warten.
Soweit übergangsweise zur Verhinderung eines
Bürgerkriegs nach dem Abzug noch äußere Hilfe nötig wäre, könnte der
UN-Sicherheitsrat zusammen mit Afghanistan eine Truppe aus bisher unbeteiligten
muslimischen Ländern wie Indonesien beauftragen. Ein solcher Stand der Dinge
könnte auch den Aufständischen - die den Abzug der NATO zur Bedingung gemacht
haben - Verhandlungen ermöglichen. (so ein Vorschlag aus den Reihen der
Friedensbewegung).
In einem Land, das Jahrzehnte lang unter mehreren Kriegen gelitten hat, läßt
sich nicht über Nacht alles lösen, schon gar nicht von außen.
Solche Überlegungen wären wichtiger als die oft effektehascherischen Äußerungen der streitenden Politiker über zweifelhafte Befehle eines Bundeswehroffiziers, oder darüber, ob jemand die volle Wahrheit darüber gesagt hat - auch wenn es ehrenwert ist, daß in Deutschland die öffentlichkeit so gewissenhaft darauf achtet, daß das in einem solchen kriegerischen Konflikt "Angemessene" nicht überschritten wird. Schäden unter der Zivilbevölkerung in Afghanistan können jedenfalls nur vermieden werden, wenn der Krieg so schnell wie möglich beendet wird.
Bundestagswahl 2009, Programmvergleiche
Zur Politik der deutschen Bundesregierung 2005-2009
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