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Zur Weltfinanzkrise und Eurokrise:
Fragen und Antworten

1. War die Finanzmarktkrise unvorhersehbar?

Die jetzige Krise (seit Herbst 2007 / 2008) war eine der prognostizierten Möglichkeiten. Z.B. der aus den USA auch in anderen Ländern bekannte, von Banken unabhängige Analyst und Anlegerschützer Dr. Martin Weiss analysierte bereits vor Jahren die "Immobilienblase" als den entscheidenden Schwachpunkt. Diese entstand durch die geldpolitisch geförderte hohe Verschuldung der Bevölkerung - eigentlich auch der Firmen und der öffentlichen Haushalte - in den USA. In den USA sind es 52 Billionen Dollar (ja, englisch trillions) wirtschaftliche Gesamtverschuldung lt. Notenbank, + 60 Billionen aus staatlichen Sozialversicherungsprogrammen und Pensionsverpflichtungen, + 182 Billionen ausstehende Derivate (gegenüber der Realwirtschaft verselbständigte Wertpapiere)... - also hunderte Male mehr als die entsprechenden Rettungsprogramme.
In abgeschwächtem Maß betrieben die anderen Staaten bzw. deren Notenbanken eine ähnliche Geldpolitik, die Instabilitäten fördert.
Allein in Deutschland haben wir über 1,6 Billionen Euro offizielle Staatsschulden + ausgelagerte 5,6 Billionen Pensionsverpflichtungen - ohne Firmen- und private Verschuldung. Die auf die Immobilienschulden bezogenen Wertpapiere - z.B. "Asset Backed Securities" - haben nur diese vorhandene Überschuldung noch schneller aufgebläht und verbreitet; und durch deren schnelle Handelbarkeit an der Börse konnte dann diese Schuldenblase, die auch ohne sie irgendwann geplatzt wäre, besonders schnell platzen. D.h. diese Wertpapiere, und die z.T. risikoreich gewesenen Anlageentscheidungen der Bankmanager waren nicht die eigentliche Ursache des weltweiten Kartenhauses. (Ein Vergleich: bei einer Eiterbeule ist nicht deren Platzen das Grundproblem, sondern daß sie da ist; das Platzen kann sogar zur Heilung beitragen, wenn es mit richtigen Maßnahmen begleitet wird.)
Daß dies den international verflochtenen Finanzmarkt nach unten reißen würde - besonders den Handel mit "Derivaten"*) (meist spekulativen Wertpapieren, die sich teilweise gegenüber den zu Grunde liegenden realwirtschaftlichen Werten verselbständigt haben), und daß Staaten versuchen würden, durch "frisch gedrucktes" Geld den so näherrückenden Bankrott von Finanzinstituten hinauszuzögern, hatte Weiss richtig vorausgesagt, nur ohne klare Zeitangaben, wann dieses Geschehen ausgelöst würde. Auch daß dies letztendlich zu Staatsbankrotten führen würde - was sehr wohl bevorstehen könnte, wie es in Island bereits angefangen hat, und bisher in Ungarn, Griechenland, Portugal, Spanien, Irland, Italien usw. droht - prognostizierte er. Weitere Schritte in seinem Zukunftsszenario sind eine Großrezession der Weltwirtschaft, sowie der Verfall der bisherigen Leitwährung US-Dollar*) durch deren aufgeblähte Geldmenge - und auch ein Verfall des Euro*) - siehe unten. Der Euro ist bisher relativ stark gewesen, aber das hing u.a. auch mit der Dollarschwäche zusammen. Wie genau der weitere Verlauf sein mag, ob Schlag auf Schlag oder langsam, weiß auch Weiss noch nicht. Bei seinen Empfehlungen spielt Gold eine wichtige Rolle.*) Dabei geht es nicht um den alten Spruch, daß an der Börse jeder irgendwann Recht hat, entweder der Optimist oder der Pessimist; sondern Weiss und zu ähnlichen Ergebnissen kommende Andere nutzen ein ausgefeiltes volkswirtschaftliches Rüstzeug, das mit der sog. "österreichischen Schule der Volkswirtschaft" verwandt ist.**) Diese ist auch kritisch zu staatlichen Eingriffen, aber nicht identisch mit der neoliberalen / Freihandels - Schule. (Einer der Urheber, Friedrich Hayek, vertrat z.B. eine Freigabe regionaler Währungen, was keineswegs den Globalisierungstendenzen der Freihandelsschule entspricht.)

Auch aus anderen Richtungen gibt es z.T. verwandte Erkenntnisse. Z.B. der emeritierte Professor Jörg Huffschmid, hatte auch seit Jahren die Crash-Tendenz der teils von der Realwirtschaft abgekoppelten Finanzmärkte betont, wenngleich sich dadurch nicht alle Einzelheiten der jetzigen Krise ableiten ließen. Er gründete die "Memorandum-Gruppe" alternativer Wirtschaftswissenschaftler, die sozial denken und einer eher keynesianischen Betrachtungsweise zuneigen, die am stärksten auf staatliche Korrekturmaßnahmen wie Beschäftigungsprogramme setzt. Zur Zeit hat Keynes' Denken auch in die Politik stärkeren Eingang gefunden.**)

*) Unsere Seite gibt jedoch keine Empfehlungen von Geldanlagen oder von entsprechenden Finanzinfodiensten! Wir sind auch von diesen unabhängig, und befürworten nicht automatisch alles, was diese veröffentlichen. Auf Weiss und seine Analysen wird hier hingewiesen, weil durch seine Gesichtspunkte das Zeitgeschehen besser verstanden werden kann als ganz ohne diese. 
**) Auch diese volkswirtschaftlichen Schulen insgesamt zu bewerten, ist hier nicht beabsichtigt, sondern nur, in der Diskussion fruchtbare Erkenntnisse einzubeziehen; es kann sein, daß eine Schule für die eine Situation das bessere Rüstzeug hat, und eine andere für eine andere Situation.

2. Kann der Kredit- und Wertpapier-markt mit seinen bisherigen Regeln unbeschränkt störungsfrei funktionieren?

Kredite sind für die Wirtschaft nötig. Aber es gibt unterschiedliche "Firmenphilosophien", die etwas anderes sind als bloße Notwendigkeiten. Eine Firma mag eine aggressivere und risikoreiche Aufkaufstrategie auf Kredit bevorzugen, eine andere ein vorsichtigeres Wirtschaften mit hohem Eigenkapitalanteil und geringeren Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken. Dies kann durch die Gesetzgebung bzw. durch die Kreditregeln jeweils begünstigt sein.
- In Deutschland gelten für Banken die Kreditvergaberegeln von "Basel I" bzw. jetzt "Basel II", die auf Grund der jetzigen Erfahrungen überprüft werden können ("Basel III"). Danach darf weiterhin das Vielfache der Kundeneinlagen bei Banken als Kreditgeld wieder ausgegeben werden. Ein Handwerker, der das Geld einnimmt, mag wieder einen Teil anlegen, und davon darf nochmals das Vielfache als Kreditgeld ausgegeben werden, usw. Die Interbankenkredite dürfen - ohne daß wieder neues Kundengeld hinzukäme, von einer anderen Bank erneut in dieselbe Spalte wie Kundengelder bzw. Eigenkapital gebucht werden, und somit nochmals das Vielfache davon als Kreditgelder ausgegeben werden. Zwar sind in Deutschland im Unterschied zu den USA die Kredite in der Regel durch Grundschulden / Hypotheken oder Andere Sicherheiten gedeckt. Aber sobald in vielen Fällen gleichzeitig solche Sicherheiten in Anspruch genommen werden sollen, besonders in einer Krise, zeigt sich, daß das ein sog. Schneeballsystem ist, das dann nicht mehr funktioniert. In den Umlauf kommendes Kreditgeld ist zum großen Teil nicht wirklich gedecktes, neugeschaffenes Geld. Es ist bisher nicht berechenbar, wie lange bei welchen Bedingungen dieses Kreditsystem störungsfrei funktioniert. Daher werden auch Kontrollen solche Marktstörungen nicht verhindern können, sondern höchstens eine Befassung mit den Kreditregeln selbst. Das würde aber Forschungsarbeit voraussetzen, da wahrscheinlich niemand in den Gremien verlangen will, die Kreditvergabe streng auf die Höhe des Eigenkapitals zu begrenzen.
Ähnlich bei Wertpapieren: Ein Verbot, diese auf Kredit zu kaufen oder sie zu verkaufen, ohne sie zu besitzen, sowie ein Verbot von Wertpapieren, durch die mehr oder weniger ungedeckte Schulden weiterverkauft werden, wäre wahrscheinlich zweckdienlicher als Kontrollsysteme.

- Besonders durch das Kreditgeld, und durch einige Wertpapier-Praktiken  wird auch die Währung aufgebläht, d.h. schleichend inflationiert.

Bei einer mit Gold gedeckten Währung wäre eine derartig große Aufblähung der Währung erschwert, da der Rohstoff Gold begrenzt ist, das wäre eine weitere Möglichkeit statt oder neben der Befassung mit den Kreditregeln. Jedoch sollte dies gerade nicht bedeuten, damit wieder eine starre Festlegung der Wechselkurse der verschiedenen Währungen zu verbinden - so wäre keine Währung mehr an die Wirtschaftsentwicklung anpaßbar, und genau daran ist das frühere "Bretton Woods" System gescheitert, und nicht am Goldstandard; (es gibt Vorschläge einiger Staaten in Richtung eines neuen Währungssystems mit solchen starren Wechselkursen). Es wäre allerdings möglich, die Wechselkurse zwar nicht dauerhaft festzuzurren, aber ihre Anpassung an feste Kriterien zu binden, statt sie der Willkür der Staaten bzw. dem Devisenmarkt zu überlassen (Vorschläge aus der Nichtregierungsorganisation ATTAC).

Der "G20-Gipfel" vom 2.4.09 hat alles Andere eher beschlossen, nur keine Maßnahmen, die dieses übertriebene Geldschöpfungspotenzial der Banken durch Kredite und spezielle Wertpapierkonstruktionen begrenzen könnten. Dashalb ist auch die dadurch bedingte Überschuldung noch nicht auf dem Wege der Lösung. Die Finanzkrise kann daher weitergehen. Auch die innerdeutsche Politik entspricht dieser Tendenz.
Zu den aktuellen Aktivitäten von Kontroll-Behörden: Das "Financial Accounting Standards Board" der USA, auch für Bilanzierungsregeln im Rest der Welt von Bedeutung, hat die bisherige Vorschrift, Wertpapiere mit ihren Marktpreisen zu bilanzieren, teilweise aufgehoben. Das dürfte eine recht durchwachsene Maßnahme sein: einerseits kann es Wertpapiere geben, wo die momentane Börsenstimmung allein keine brauchbaren Werte liefert; aber andere Maßstäbe sind eher theoretisch, und es gibt auch die naheliegende Befürchtung, daß so Verluste noch mehr als bisher verschleiert werden können.
Eine sinnvolle Tendenz zeigte sich hingegen beim Basler Ausschuss für Bankenaufsicht seit September 2009: Notenbankchefs und Bankenaufseher von 27 Industrie- und Schwellenländern schlugen strengere Regeln für das Eigenkapital und die Liquidität der Kredite gebenden Banken bis Ende 2010 vor. Inzwischen heißt es dort leider,
die erhöhten Eigenkapitalanforderungen an  Banken - "Basel III" - betragen nur wenige %, weniger, als die meisten deutschen Banken bereits haben; Änderungen sollen erst 2012 gelten, und auch das nur bei geeigneter Konjunkturlage .... Deutsche Banken wollen entsprechend - lt. Deutsche Bank und Bundesverband Deutscher Banken usw. bei einer Tagung in Frankfurt im September 2009 - freiwillig Geschäfte mit mehr Eigenkapital unterlegen und den Anteil von kreditbasierten (auch Wertpapier-) Geschäften reduzieren, um die Risiken zu mindern, bzw. auf Kreditausfälle besser vorbereitet zu sein. Der darauf folgende G20-Gipfel hat das dann ebenfalls aufgegriffen, und der im Spätherbst 2010 betraf leicht modifizierte Kreditvergaberegeln ("Basel III").

Die Widersprüche zwischen Sparzinsen von unter 1% - erheblich geringer als der laufende Kaufkraftverlust - und den Soll-Zinsen z.B. für Überziehungen im Rahmen des Dispolimits (z.B.16-17,5%), oder noch mehr für geduldete Überziehungen haben inzwischen ein kaum noch glaubhaftes Ausmaß angenommen. Auch die allgemeinen Kreditzinsen sind trotz der extrem niedrigen Zinsen der Notenbanken nach wie vor sehr hoch. Diese gro0e "Verdienstspanne" ist der im engsten Sinne eigene Anteil der Banken an den Krisen.

Hier werden keine Forderungen aufgestellt. Immerhin wird jetzt überhaupt einmal über die Probleme und Möglichkeiten diskutiert. Ob über solche interessanten Fragen wie einen neuen Goldstandard ernsthaft verhandelt werden wird, ist aber noch unklar. Es gibt jedenfalls Fachleute, die darüber nachdenken; auch Staatenvertreter, die Gold im Zusammenhang mit einem Korb aus mehreren Währungen erwähnen, der den US-Dollar als Weltleitwährung ersetzen soll.

3. Können / sollen kaputtspekulierte Finanzinstitute und andere Großfirmen vom Staat gerettet werden?

- Die deutschen Regierungszusagen, die Giro- und Sparkonten der Privatleute auch außerhalb der bisher sowieso öffentlich garantierten Sparkassen zu garantieren für 1,621 Billionen Euro, wären eine sinnvolle Maßnahme. Das ist aber nicht in die darauf folgenden Gesetzesregelungen eingeflossen. Ob der Staat darüber hinaus die betroffenen Banken alle als solche retten oder gar selbst übernehmen könnte - Bund und Länder beschlossen bis zu 100 Milliarden Euro direkte Kapitalspritzen + 400 Milliarden Euro Bürgschaften - oder ob es dabei mehr um eine staatlich abgefederte Abwicklung gehen sollte, ist eine andere Frage. Es kann auch Fälle geben, wo eine Marktbereinigung im Sinne einer Gesundschrumpfung geradezu notwendig ist, und wo staatliche Maßnahmen daher die Probleme nur verschieben oder gar verschlimmern. Das staatliche Geld - der Steuerzahler - kann auch in Fässern ohne Boden verschwinden. Auch wenn Kredite aufgenommen werden, geht die gewaltige Zinslast - bis zum Mehrfachen der ursprünglichen Schuld - zu Lasten der Steuergelder. Der Bund der Steuerzahler kritisiert schon ohne die neuen Bürgschaften eine umfangreiche Verschwendung von Geldern. Diese Dimensionen gehen jetzt jedenfalls an die Grenzen der Leistungsfähigkeit der BRD. Spätestens im Fall eines Staatsbankrotts (s. 1.) wären die Staatsgarantien für Konten praktisch wertlos.
- Das bekannte Argument, die staatlichen Bankenrettungsmaßnahmen seien für Bürger bzw. Rentner und Arbeitnehmer billiger als ein Bankrott der betreffenden Firmen, ist eine Behauptung, die eintreffen kann oder nicht - nachgerechnet hat es niemand, und es kann auch niemand nachrechnen, da der weitere Verlauf der Krise nicht feststeht.
- Während in Deutschland die Steuerzahler bisher extrem bürokratisch behandelt wurden, wurde jetzt per Gesetzesbeschluß der Regierung selbst sogar die Geheimhaltung von fällig werdenden Zahlungen an einzelne Banken ermöglicht - was nun wirklich öffentlich relevante Aktivitäten betrifft. 
- Weiter wären solche Kredite oder Ausfallbürgschaften an marode Großfirmen oder gar deren neuerdings von der Bundesregierung ins Gespräch gebrachte teilweise Aufkauf durch den Staat letztendlich mit der Gefahr einer höheren Inflationsrate in den nächsten Jahren verbunden - im Moment noch durch den Preisverfall=Deflation verdeckt - , und damit gerade mit einem Geldwertverlust für die Bevölkerung, die man angeblich schützen will. Um bei solchen Ausgaben dieser Gefahr zu entgehen, müßte der Staat selbst extrem bei anderen Investitionen sparen, statt zu einer Ausweitung der Geldmenge beizutragen, wie das in den USA in den letzten Jahren bis zum Exzess geschah.
- Infolge der zwangsläufigen Inflationsverstärkung würde im Fall der Stützung der Hypo Real Estate usw. die Sicherung von Kreditschulden als wichtiger bewertet als der Wert des real vorhandenen, hart erarbeiteten Geldes der Bevölkerung. 
- Auch kommt hinzu, daß ein Teil der Geschäfte der betroffenen Banken, insbesondere diejenigen, die etwa die Hypo ins Trudeln geführt haben, spekulative Großtransaktionen betrafen. Auf dem Finanzmarkt könnte spekuliert werden, der Staat würde ja alle riskanten Geschäfte abdecken.
- Zusätzlich ist es problematisch, daß bei staatlichen Rettungsbemühungen schon in der Vergangenheit nur von Großunternehmen die Rede war. Was ist mit den mittelständischen und Kleinunternehmen, die den weitaus größten Teil der Wirtschaftskraft und der Arbeitsplätze beisteuern - mit welchem Recht und weshalb will man diese gezielt benachteiligen? Die von EU-Politikern so genannte "systemische Wichtigkeit" einiger nicht offiziell genannter Firmennamen ist eine sehr unklare Sache. Da wurden wieder einmal nicht die Bürgerinnen und Bürger gefragt, diese denken nach Umfragen auch auf diesem Gebiet anders als die Regierung(en), und sie sollten in einer Demokratie auch berücksichtigt werden. 
- Trotz der Ankündigungen, die Kreditspekulationen um die Welt herum deutlicheren Regeln unterwerfen zu wollen, fördern die Rettungszusagen gerade jene Illusion, das Schuldenmachen könne oder gar müsse mehr oder weniger so weitergehen wie bisher
- So bleibt unter dem Strich zwar das Motiv, einer Krisenstimmung wiederum mit stimmungswirksamen Ankündigungen entgegenwirken zu wollen. Aber die Bundesregierung wird nun einmal nicht als bloßer Psychotherapeut anerkannt, sondern es werden auch sachliche Maßstäbe an ihre Aussagen und Taten angelegt. Und von der Sache her ist eine Gesundschrumpfung des aufgeblähten Finanzmarktes und einiger kaputtspekulierten Großfirmen möglicherweise unumgänglich, und letztendlich durch keine staatliche Maßnahme zu stoppen. Freilich ist es schwierig für Politiker, das zu sagen, da sie davon ausgehen, daß ihre Wähler am liebsten hören wollen, daß alles gerettet wird, und bald die Wirtschaft wieder blüht - auch wenn das unmöglich ist, da die Wirtschaft nun einmal ein Auf und Ab hat wie die Natur, auf das sich die Firmen einstellen sollten, wie es z.B. eine Hausfrau auch tut.
- Ein etwaiger Aufkauf von Banken - wir können es abwarten, wann die anderen Branchen auch ins Gespräch gebracht werden, Autofirmen haben sich ja auch schon als "Krisenbetroffene" gemeldet - läßt nicht nur die Frage nach negativen Seiten staatlichen Mitmischens aufkommen, der man bisher nur durch den unverbindlichen Verweis auf eine Vorläufigkeit entgegenzuwirken suchte. 
- Sondern es ist auch zu fragen, warum dann in denjenigen Infrastrukturbereichen, wo das Staatseigentum seine sinnvolle, stabilisierende Seite entfalten kann, dies nach wie vor verscherbelt werden soll, nur etwas später als geplant: das betrifft besonders den Börsengang der Deutsche Bahn AG - neuerdings jedoch wieder unwahrscheinlicher geworden - sowie weitere Projekte wie "Stuttgart 21".

Es wird hier nicht grundsätzlich für oder gegen diese Maßnahmen eingetreten, sondern es wird das Nutzen-Risiken-Verhältnis beleuchtet, um die Meinungsbildung auf dem Gebiet zu fördern, die ja längst nicht abgeschlossen ist. Dabei mögen die Leser/innen das laufende Tagesgeschehen berücksichtigen. Eine gewisse Beruhigung an den Finanzmärkten wurde immerhin erreicht; aber der Wirtschaftsabschwung ist nicht wirklich beendet, das wird sich nach dem Auslaufen der Maßnahmen schnell zeigen, was in den USA bereits deutlich zu sehen ist.

Die Bürger/innen sind nicht schuld an der Krise und wollen auch nicht dafür zahlen. Eine Regierung könnte auch auf diesem Gebiet letztendlich nur mit der Bevölkerung eine sinnvolle Politik machen. Sie könnte auf mehreren Gebieten eine andere Politik machen, u.a. eine unbürokratischere Steuerpolitik und Sozialpolitik; sowie eine Deutschland globalisierungsfester machende Politik, also Standortpolitik in einem ganzheitlicheren Sinne, als der Begriff "Standort Deutschland" normalerweise benutzt wird, wo oft nur günstige Bedingungen für sog. Heuschrecken aus Übersee gemeint waren. Es geht auch gerade um das, was die Bürger/innen selbst von diesem Standort haben im weltweiten Rahmen mit seiner immer größer gewordenen Konkurrenz. Siehe unsere Seite zur praktischen Politik der gegenwärtigen deutschen Bundesregierung (auf den verschiedenen Sachgebieten.

4. Können Staatsbankrotte aufgefangen werden?

Durch Maßnahmen gegen Spekulanten - wie die neuen gegenseitigen Kreditbürgschaften der EU-Staaten***) - kann die Ursache der Beinahe-Bankrotte Griechenlands und anderer Staaten nicht gelöst werden; denn diese Ursache liegt in der unverantwortlichen Schuldenmacherei der Politiker der betroffenen Staaten selbst. Z.B. hat Griechenland einen völlig überdimensionierten Beamtenapparat, den sich selbst  viel reichere Staaten nicht leisten könnten. Staatliche Rettungspakete sind allenfalls vorläufige Abhilfen, auf etwas längere Sicht verschlimmern sie nur die Ursachen, weil sie die Verschuldung noch erheblich erhöhen - wie es auch bei den Konjunkturpaketen der Fall ist. Nur drastische Sparmaßnahmen könnten länger als nur einen Moment helfen. Das ist inzwischen auch durch die Reaktionen der Finanzmärkte auf die Staaten-Auffangmaßnahmen erkennbar geworden. Daher soll jetzt innerhalb der EU extremes fortgesetztes Schuldenmachen durch Sanktionen erschwert werden. Nun kommt es also darauf an, wie gespart wird, nur darüber kann sinnvoll gestritten werden. (Leider geschieht das auch in Griechenland zu wenig, denn die Leute auf den Straßen scheinen zu denken, der Staat und die Banken und die EU bräuchten nur weiterhin ungedecktes Geld aus dem Hut zaubern, damit alles so bleiben könne wie bisher.)

Auch der Aufkauf von Anleihen durch die Europäische Zentralbank EZB hat sich nicht als Zaubermittel erwiesen, das Sparmaßnahmen ersetzen könnte. Polen, das besser spart, steht in vielfacher Hinsicht gut da. 
Eine eigene Währung für Griechenland könnte zwar weitere Turbulenzen an den Finanzmärkten bringen, und so versuchen das Politiker bis zuletzt zu verhindern bzw. zu verzögern. Aber durch die Abwertung nach außen hätte die griechische Wirtschaft zugleich eine Chance, ihre Waren leichter im Ausland verkaufen zu können und so im Laufe der Zeit wieder auf die Beine zu kommen. Es ist jetzt alles eine schwierige Gratwanderung. Ein Zaubermittel, wodurch sofort alles wieder funktioniert wie vor der Krise, gibt es nicht.

Daß auch weitere Steuern kein geeignetes Mittel sind, die leeren Staatskassen wieder aufzufüllen, zeigt sich u. a. schon in Griechenland. Weder durch die neu erfundenen Steuern und Abgaben, noch durch Versuche, alte Steuerschulden einzutreiben, ist da noch viel zu holen - denn die Taschen der Privatleute bis weit in den Mittelstand hinein haben auch schon überall gelitten. Vielmehr wirken Steuern in einer solchen Lage wie die zu hohen Zinsschulden, denn beides kann in dieser Höhe fast niemand laufend erwirtschaften, ohne daß noch größere Schulden entstehen. Auch die Wirtschaft würde so weiter leiden.

5. Können die "Rettungsschirme" die vielen schwächelnden Euro-Länder auffangen?

- Der bisherige provisorische Rettungsschirm und der beschlossene und noch vor dem Bundesverfassungsgericht umstrittene Rettungsschirm ESM hätte als Nettozahler schon im Juli 2012 praktisch nur noch Deutschland, die Niederlande, Luxemburg und Finnland - und Finnland überlegt bereits, abzuspringen. Ein einziges großes Land, also Deutschland kann den Rest der 17 nicht auffangen. Zumal diese Maßnahmen zu den oben erwähnten Geldaufblähungsmaßnahmen gehören, die die Krise bestenfalls verschieben, und letztendlich nur das zusätzliche Problem der Inflationierung bringen.
Einer der drei weiteren damit verbundenen Verträge, der Fiskalpakt bringt die bisherige Haushaltshoheit der einzelnen Staaten letztendlich unter die Kontrolle eines Gouverneursrates der EU, der die Staaten zwingen könnte, sogleich zu zahlen, und der auch die vereinbarte Haftungssumme selbst bei Bedarf erhöhen könnte, und der selbst keiner Kontrolle unterliegt. Mehr-Demokratie.de wies darauf hin, dass das eigentlich einer Vokksabstimmung bedürfte. Das Bundesverfassungsgericht hat der Ausweitung der deutschen  Verpflichtungen Grenzen gesetzt - vorausgesetzt, die Bundestagsabgeordneten bleiben im weiteren Verlauf bei den Grenzen -. Zu bedenken ist auch, dass die Haushaltspolitik praktisch alle Politikbereiche entscheidend beeinflusst. Gegenüber diesem Problem der Beschlüsse sind die zwischen Regierung und Opposition umstritten gewesenen Punkte wie etwa ein "Wachstumspakt" zweitrangig - Diskussionen, die an den wirklichen Sorgen der Bevölkerung und vieler Fachleute vorbeigingen. Die weitere Eigenschaft des Fiskalpakts, Verschuldungsgrenzen zu setzen, wäre zwar gut gemeint. Es ist allerdings zu fragen, was das bedeutet, nachdem bereits die existierenden Stabilitätsregeln der existierenden Verträge über Nacht von den Regierungschefs als nicht existent behandelt wurden?
- Der neue Beschluss der direkten Bankenrettungsgelder, etwa für Spanien bringt die Gesamthaftung der Rettungsfonds, bzw. der Staaten, insbesondere Deutschlands, auf ein immer schwierigeres Niveau. Zwar gebe es trotzdem eine Haftung des dortigen  Staates - aber was bedeutet das, wenn jeder weiß, daß dieser zu einer realen Haftung gar nicht in der Lage wäre und selbst dem Bankrott nahe ist? 
- Es wurden europäische Anleihen gefordert, die weiter die Finanz-Krankheit in Europa verbreiten statt Schadensbegrenzung treiben würden.
Es hat sich bereits gezeigt, daß dadurch die "Ratings" der Kreditwürdigkeit auch von Staaten wie Deutschland sinken würden. Wer soll europaweite Anleihen kaufen, von denen bekannt ist, dass sie gewaltige Risiken enthalten? Nun akzeptiert die Europäische Zentralbank bereits heute Staatsanleihen als "Sicherheiten" für Kredite etwa an Portugal, deren Laufzeit von Portugal auf "31.12.9999" festgelegt wurde. Glaubt jemand, dass ein solches Rückzahlungsversprechen etwas wert ist? 
- Und wie stabil ist überhaupt die BRD, die alles hauptsächlich tragen soll? Ihre Verschuldung ist, wenn wie bei Firmen gerechnet wird, auch schon bei über 100% - bei Firmen heißt das: aufgebrauchtes Eigenkapital bzw. Insolvenz. Hinzu kommen die nicht mit berechneten Pensionsverpflichtungen usw. - für die ein Unternehmen Rückstellungen bilden und ausweisen müsste. Weiter müssten undurchsichtige Strukturen von ausgelagertem Staatseigentum bzw. ausgelagerten Schulden in Form staatlicher bzw. halbstaatlicher Unternehmen auf allen Ebenen mit berücksichtigt werden. Und dann noch die Schulden der sonstigen Unternehmen und Privatleute, die auch kaum mehr in der Lage sind, Weiteres beizusteuern ...? Erst dann haben wir die Gesamtverschuldung und damit ist es schon recht deutlich, dass eine verstärkte Verschuldungspolitik nicht mehr lange so weitergehen kann.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass - s.o. - die großen Industriestaaten außerhalb der EU mindestens ebenso große Risiken haben.

Es wurden hier nur die Tatsachen aufgeführt und sachlich analysiert, um zu einem Verständnis der Lage beizutragen - ohne Forderungen aufzustellen.

***) Die deutschen Bundestagsparteien taten zwar so, als seien sie darüber uneinig. In Wirklichkeit kritisierte z.B. die SPD aber nur, daß nicht schon früher solche Hilfen für Griechenland bereitgestellt wurden; und daß in Deutschland noch keine zusätzliche Finanztransaktionssteuer beschlossen wurde. Bündnis 90/ Die Grünen sahen die Rechte des Bundestages gegenüber der Regierung zu sehr beschnitten. Seit ca. Herbst 2011 gibt es innerhalb der Parteien, besonders CDU/CSU und FDP immer stärkeren Widerstand gegen weitere Zusagen der Bundesregierung. Es ist aber bisher nicht erkennbar, daß das noch deutlich vor einem Bankrott Griechenlands zu einer Änderung der Politik der Bundesregierung führt, die sich mit den Regierungen der anderen EURO-Staaten in einem Boot fühlt. Nach einem Bankrott - besonders einem ungeordneten Bankrott - Griechenlands würden die Folgen dieser Politik u.a. für Deutschland deutlicher sichtbar werden.


Unsere kommentierte Zusammenstellung zu den Bundestagswahlprogrammen von 2009.

Auswertung des Koalitionsvertrags der neuen CDU/CSU/FDP-Regierungskoalition

Der Text des Koalitionsvertrags der neuen CDU/CSU/FDP-Regierungskoalition**

S.a. unsere Ausarbeitung über gemeinsame Schnittmengen aller möglichen Koalitionsarten;

Ein anderes interessantes Projekt: der "Demokratie-Spiegel" ist ein Monatsmagazin für Politik, Direkte Demokratie, Bürgerpolitik in Deutschland und Europa. www.demokratie-spiegel.de 

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